Theater Narrenschiff

Florian Eller

15 Jahre – 15 Fragen . Das tn-Ensemble interviewt sich.

Florian Eller hat seine tn-Anfänge mit unserem Jungen-Ensemble bloßgestellt gemacht. Nach seiner Schulzeit hat er ein Jahrespraktikum in unserem Theater absolviert. Seitdem gehört Flo auch zu unserem Stammensemble. Außerdem ist er Mitglied der Projektgemeinschaft FREIE WILDBAHN und hat mit seinem Bruder Felix Eller schon das ein oder andere Filmprojekt durchgeführt. André Decker hat seinen ehemaligen Praktikanten interviewt, der jetzt kämpft seinen Traum, das Schauspiel zum Beruf zu machen, wahr werden zu lassen.

Florian Eller . Ensemblemitglied seit 2015

„Generell glaube ich nicht, dass die eigene Herkunft jemanden daran hindert, oder jemandem dabei hilft, das zu erreichen, was er will oder seine Träume zu erfüllen.“

André: Lieber Flo, du bist ja noch nicht ganz so lange Teil des Ensembles, hast jedoch in den letzten zwei Jahren bereits in 7 Produktionen mitgespielt. Wie hat sich dein Leben durch das kontinuierliche spielen im TN verändert?

Florian: Mein Leben hat sich eigentlich nicht wirklich viel geändert, natürlich habe ich weniger Zeit für andere Dinge als das Theater, aber ich mache ja etwas was mir sehr viel Spaß macht und bei dem ich immer viel lernen kann. Dadurch habe ich nicht das Gefühl das ich irgendetwas verpasse, und zwischen den Produktionen ist ja immer noch Zeit für andere Hobbys.

André: Und was hat sich für dich ganz persönlich geändert? Würdest du sagen, Theaterspielen verändert einen?

Florian: Ich glaube nicht dass ich mich persönlich stark durch das Theater verändert habe. Ich versuche mich vor Proben oder Aufführung immer sehr für mich selber auf meine Rolle zu konzentrieren, dafür kann ich danach meistens sehr gut loslassen und wieder ganz ich selbst sein. 
Manchmal ertappe ich mich allerdings selbst dabei, dass ich in meiner Freizeit sehr auf klare Aussprache achte oder auch auf Betonungen, das ist glaube ich für meine Freunde ab und zu sehr irritierend, aber sowas nehme ich halt komischerweise immer mit.

André: Seit wann spielst du Theater? Was hast du vor dem tn gemacht?

Florian: Vor dem theater narrenschiff hab ich in der Jugend-Kunst-Schule Unna Improvisationstheater gespielt, da habe ich mit 9 Jahren angefangen. Dort habe ich bis 2013 gespielt. Seit der Grundschule war ich aber immer sehr gerne in allen Schultheaterstücken dabei, und natürlich später am Gymnasium in Literaturkursen.

André: Hast du eine Lieblingsrolle - oder Stück - in dem du mitgespielt hast?

Florian: Hmm, das ist schwierig. Ich glaube jede Rolle ist mir über die Zeit ans Herz gewachsen, hervorzuheben wären da vielleicht „Chiron“ in TITUS ANDRONICUS oder „Mercutio“ in ROMEO + JULIA.

André: Warum grade diese Rollen?

Florian: Chiron war meine erste Rolle im „großen Ensemble“, da war ich vorher schon nervös ob ich bei den anderen Darsteller auch mithalten kann. Dazu kommt, das ich damals ja nur eine sehr kurze und intensive Probenzeit hatte, ich glaube das wird mir für immer in Erinnerung bleiben.
Mercutio mochte ich persönlich als Mensch sehr gerne, er besaß so eine generelle Gelassenheit, war aber trotzdem immer bereit, alles für seine Freunde zu tun. Bei diesem Stück war es dann im Unterschied eine sehr lange Probenzeit, in der das Ensemble hinterher unglaublich zusammengewachsen ist und sich sehr gut verstanden hat. Es war immer eine schöne Erfahrung Mercutio zu spielen.

André: Gibt es eine Rolle die du gerne in Zukunft einmal spielen möchtest?

Florian: Nein, nicht wirklich, man weiß ja nie genau in welchen Stücken man so spielt, und ich lasse mich immer gerne überraschen.

André: Was schätzt du am narrenschiff am meisten?

Florian: Ich glaube dass das Zusammenspiel vieler Dinge das narrenschiff zu einem so schönen Ort macht. Persönlich finde ich es super, dass sich das Ensemble immer sehr gut versteht, und eine sehr freundschaftliche Atmosphäre herrscht. Außerdem kann man jede Rolle ziemlich frei angehen, seine eigenen Ideen mitbringen und umsetzen, und muss nicht sozusagen vorgefertigte Rollen spielen.

André: Woher holst du dir deine Inspirationen, wenn du dich auf eine Rolle vorbereitest? Hast du schauspielerische Idole?

Florian: Inspiration hole ich immer aus den verschiedensten Ecken meines Lebens, meistens sind es Erfahrungen die ich gemacht habe oder Menschen die ich kenne oder mal gekannt habe. Das wandele ich dann ab, oder mische es, bis es für mich zur Rolle passt. Manchmal hilft mir auch Musik, oder andere Sachen. Eigentlich fließt fast alles aus meinem Leben in die Rollenvorbereitung mit ein.
Idole habe ich im Schauspiel eigentlich keine. Natürlich gibt es einige Schauspieler die unglaublich talentiert - und für mich nahezu perfekt - sind, aber ich versuche meine eigenen Sachen zu spielen und will kein Abklatsch eines anderen sein, den ich „Idol“ nenne.


André: Du möchtest gerne das Schauspiel zu deinem Beruf machen. Es gibt sicherlich viele Menschen, die denken, dass dies ein sehr unsicherer Zukunftsplan ist. Warum möchtest du das trotzdem versuchen?

Florian: Ich glaube fest daran, dass man als Mensch immer seinen Träumen folgen sollte, und man für das was man liebt und woran man Spaß hat immer 100% geben sollte. Gerade in der Künstler-Branche ist das natürlich schwer, vor allem wenn man da an die berufliche/finanzielle Sicherheit denkt, es kann halt leider nicht jeder schaffen.
Ich will das was ich liebe einfach solange machen und probieren wie ich kann, denn ich bin kein Mensch der einem Beruf nachgehen kann, den er selber nicht mag.

André: Dein Bruder Felix ist in Unna - und mittlerweile auch über die Stadtgrenzen hinaus - als Regisseur recht bekannt. Und du hast nicht nur in seinen Filmproduktionen mitgespielt, sondern warst auch bei den Dreharbeiten Teil der Film-Crew. Was genau hast du dabei gemacht, welche Erfahrungen hast du gesammelt und was würdest du sagen, wie unterscheidet sich Film vom Theater?

Florian: In der letzten Produktion „All eyes on you“ habe ich Felix als Regieassistenz geholfen, und alles gemacht was halt so gemacht werden musste. Das ging von Set dekorieren bis hin zur Darstellerbetreuung und noch viel, viel mehr. Ich habe einiges darüber gelernt wie es an einem Filmset ablaufen muss, das man meistens nicht viel Zeit hat, alles schnell gehen muss und häufig das Wetter nicht so ist wie man geplant hat. 
Auch am Filmset sind aber alle schnell zu guten Freunden geworden und das hat mir gezeigt, das es eigentlich immer der richtige Weg ist zusammen zu arbeiten, anstatt jeder für sich. Film-Drehs sind für mich kurzweiliger als Theaterproben oder -aufführungen. Klar, unterm Strich arbeitet man sehr lange und hart um am Ende ein gutes Endprodukt zu haben, aber beim Film fährt man immer zu unterschiedlichen Orten, Schauspieler spielen Einstellungen die ein paar Sekunden gehen immer wieder neu und man achtet immer darauf, was die Kamera sieht und was nicht. 
Bei einem Theaterstück zählt hinterher der Gesamteindruck, denn der Zuschauer sieht immer die ganze Bühne. Außerdem probt man sehr lange, um es so gut es geht zu spielen. Beim Film läuft ab Tag 1 die Kamera, im Theater sind die ersten Tage deutlich entspannter.

André: Felix hat früher auch im TN gespielt. Wie er hast du deine TN-Anfänge beim Jugendensemble bloßgestellt und später mit dem Projekt FREIE WILDBAHN gemacht. Manche Leute sagen, dass du in die Fußstapfen deines großen Bruders trittst. Wie ist das für dich?

Florian: Ich persönlich würde nicht sagen, dass ich seine „Fußstapfen“ trete, da bei Felix schnell klar wurde das seine Zukunft nicht im Theater sondern im Film liegt. Die jeweilige bloßgestellt-Generation war aber für uns beide der erste Kontaktpunkt mit dem theater narrenschiff. Für mich ist das aber in Ordnung, schließlich kann ich immer viel von meinem Bruder lernen.

André: Als nächstes sehen wir dich als Rodolpho in Arthur Millers „Ein Blick von der Brücke“, wo du Kim Schütts Rolle übernimmst. Das ist ja schon mal der Fall gewesen, nämlich in TITUS ANDRONICUS. Ist es anders eine Rolle neu zu kreieren oder in eine fertige Produktion einzusteigen?

Florian: Ich würde sagen die Probenzeit ist deutlich kürzer, wenn man in ein fertiges Stück einsteigt. Ich versuche es dem restlichen Ensemble immer so angenehm wie möglich zu machen, wenn ich einen anderen Darsteller ersetze. Dinge wie: Stichworte nicht ändern, sowie Aktionen und Laufwege ähnlich oder gleich gestalten. Wenn man die Rolle selber ansetzt ist es, glaube ich, ein wenig natürlicher für einen selbst zu spielen, zum Beispiel wie und wann man etwas in der Rolle tut.
Ich spiele aber immer meine eigenen Varianten von diesen Rollen anstatt andere Ansätze zu kopieren. Wie gesagt trage ich wenn ich spiele immer viel von mir selbst in Rollen, dadurch unterscheidet sich dieselbe Rolle sehr von dem wie sie andere Schauspieler darstellen.

André: Was ist für dich Theater und welchen Stellenwert hat es in deinem Leben?

Florian: Oh, das ist schwierig zu beantworten. Was für mich Theater ist kann ich schwierig in Worte fassen, das ist für mich persönlich glaube ich nicht möglich, aber ich liebe es auf jeden Fall so wie es ist.
Für mich hat Theater einen sehr hohen Stellenwert, gerade auch weil ich meine Zukunft sehr mit Theater und Schauspiel plane.

André: Wo hoffst du dich in 10 Jahren zu sehen?

Florian: Irgendwo, glücklich mit mir selbst und glücklich mit dem was ich dann so mache.

André: Würdest du sagen das Unna, was jetzt keine beaknnte Theaterstadt ist, dir hilft bei deinen Wunsch, Schauspieler zu werden?

Florian: Ich glaube nicht, dass es da generell einen großen Unterschied macht wo man herkommt. In Großstädten ist es eventuell leichter ein gutes Theater oder Ensemble zu finden in dem man sich wohl fühlt, da es dort einfach mehr Auswahl gibt. Ich persönlich habe in Unna die Erfahrungen gemacht, die mich als Person ausmachen, und die dadurch immer auch ein Stück in meine Rollen einfließen werden. Und gerade die Erfahrungen im narrenschiff und die Menschen die ich dort kennenlerne - also hilft es mir irgendwie schon. Generell glaube ich nicht, dass die eigene Herkunft jemanden daran hindert, oder jemandem dabei hilft, das zu erreichen was er will oder seine Träume zu erfüllen.

Interview, Sommer 2017