Theater Narrenschiff

Lilja Kopka

15 Jahre – 15 Fragen . Das tn-Ensemble interviewt sich.

Und jetzt andersrum: Heute hat Katalina Kopka für uns ihre Schwester Lilja interviewt. Lilja Kopka ist seit der Spielzeit 2007/08 im tn-Ensemble, und hat unsere Stücke von Anfang an oft mit Gesang bereichert. In den letzten Jahren hat sie als dramaturgische Mitarbeiterin auch dafür gesorgt, dass ihr Lieblingsautor William Shakespeare mehr und mehr bei uns zu sehen war. Ihre Masterarbeit über die Frauen in Shakespeares Komödien konnte sie im tn besonders in der Reihe SHAKESPEARE IM PARK in die Praxis umsetzen, die sie gemeinsam mit André Decker konzipierte.

Lilja Kopka . Ensemblemitglied seit 2007

„Lampenfieber gehört dazu!“

Katalina: Liebe Lilja, du bist schon eine ganze Weile beim theaternarrenschiff dabei. Was war dein erstes Stück, und wie war das für dich?

 

Lilja: Meine erste Rolle war 2007 ‚Mercy Lewis‘ in HEXENJAGD. Das war ein sehr ungewöhnlicher Einstieg glaube ich, weil wir direkt sehr intensiv als Mädchengruppe geprobt haben um die Trancen und Hysterien zu entwickeln. Also viel kollektives Atmen und Schreien. Das war direkt sehr intensiv, aber man war auch sofort Teil einer Einheit. Und generell wird man als Neuzugang sehr herzlich aufgenommen vom Ensemble!

 

Katalina: Was schätzt du besonders am tn?

 

Lilja: Das Familiäre und Persönliche trotz stetig steigender Professionalität. Man muss sich ja in Proben und Vorstellungen auf die anderen verlassen können, und selbst dafür sorgen, dass sich die anderen auf dich verlassen können. Selbst wenn es da mal Streitigkeiten oder Probleme gibt, rauft man sich für die Vorstellungen wieder zusammen. Wie in jeder Familie eben.

 

Katalina: Obwohl HEXENJAGD deine erste tn-Produktion war, war das für dich nicht das erste Mal auf der Bühne. Was hast du davor schon so im künstlerischen Bereich gemacht?

 

Lilja: Ja mich hat man schon früh schlecht von der Bühne runter gekriegt! Nach Krippenspiel und Jugendkunstschule war ich dann (wie so viele im Ensemble) in der Musical-AG der Peter-Weiss-Gesamtschule, was meine Schulzeit sehr geprägt hat. Dort habe ich wirklich sehr viel gelernt und ausprobieren dürfen. Ich glaube da habe ich auch meine Liebe zu Shakespeare entdeckt.

 

Katalina: Kriegst du als alter Hase auch noch manchmal Lampenfieber? Wie gehst du damit um? Hast du irgendwelche Rituale, die du vor jeder Aufführung durchlaufen musst?

 

Lilja: Oh, Lampenfieber gehört dazu! Bei mir ist es meistens so: noch eine Stunde vorher bin ich gar nicht nervös, dann kurz vorher kriegt man dieses Flattern im Bauch. Ich glaube aber ohne Lampenfieber wär ich dann nicht so konzentriert auf der Bühne. Aufwärmen ist mir sehr wichtig, und ich muss dann immer einmal (versuchen), die Arie der Königin der Nacht zu singen – sehr zum Leidwesen meiner Mitspieler!

 

Katalina: Du kamst ja als erste von uns beiden ans tn. Wie ist das für dich, mit deiner Schwester auf der Bühne zu stehen?

 

Lilja: In der Schule stand ich ja oft mit unserer Schwester Nele auf der Bühne, also hatte ich schon Übung im schwesterlichen Theaterspiel. ;-) Ich finde es sehr schön, mit dir zusammen zu spielen, vor allem beschäftigen wir uns ja oft dann schon Wochen vorher intensiv mit dem Stück. Manchmal ist es witzig in den Proben, weil wir uns doch sehr ähnlich sind – da fallen mir dann Sachen bei dir auf, die ich bestimmt auch immer mache. Mein großer Plan ist jetzt, dass wir mal alle drei gemeinsam auf der Bühne sind, es muss ja nicht gleich DREI SCHWESTERN sein… :-)

 

Katalina: Welche tn-Produktion hat dir als Darstellerin am meisten Spaß gemacht?

 

Lilja: Hmm das ist schwierig! Alice zu spielen in ALICE IM WUNDERLAND war natürlich ganz besonders, und fast wie ein Kindheitstraum. Aber am meisten Spaß hatte ich glaube ich bei RUNNIN‘ WILD, da haben mir auch die 14 Aufführungen noch nicht gereicht. Und die Aufführungen im Park sind immer etwas ganz Besonderes. Jetzt nach WILDE IM PARK bin ich zum Beispiel sehr froh, dass wir das im Januar noch mal spielen.

 

Katalina: Gab es ein Stück in der Vergangenheit, das du gerne noch mal wieder auf der narrenschiff-Bühne sehen würdest?

 

Lilja: ALICE IM WUNDERLAND könnten wir sicher das ganze Jahr durchspielen und es würden immer Leute kommen. Persönlich denke ich, dass eine Wiederaufnahme von 8 FRAUEN auch großen Spaß machen würde. Und natürlich warte ich noch immer auf HEXENJAGD - DAS MUSICAL!

 

Katalina: Du hast bisher schon ganz unterschiedliche Charaktere gespielt, von Mädchenrollen wie in ALICE IM WUNDERLAND bis hin zur abgeklärten Millionärsjägerin in RUNNIN‘ WLD. Spielst du generell lieber Rollen, die dir vom Charakter her ähnlich sind, oder magst du es, jemand zu sein, der ganz anders ist als du?

 

Lilja: Für mich ist es eigentlich einfacher Rollen zu spielen, die mir nicht ähnlich sind. Da muss ich mich dann erst mal hineinversetzen, die Motivationen hinterfragen und verstehen. Es ist vielleicht mehr Arbeit, aber man steckt dann tiefer in der Rolle im Endeffekt. Das war zum Beispiel mit Tschiki in RUNNIN‘ WILD so, die war mir sehr unsympathisch am Anfang.

 

Katalina: Stell dir vor, dass du aus allen Rollen, die es gibt, eine auswählen könntest. An welchem Part würdest du dich gern mal ausprobieren und warum? Gibt es vielleicht auch eine klassische Männerrolle, die du gern mal spielen würdest?

 

Lilja: Oh ich würde gerne mal jemand richtig Böses spielen, auch um die Motivation hinter dem Verhalten zu verstehen. Also wie Jago in OTHELLO, oder Richard III. Solche Rollen gibt es für Frauen tatsächlich sehr selten.

 

Katalina: Du bist nicht nur eine vielseitige Schauspielerin, sondern trägst auch viel Musikalisches zu den Produktionen bei. Du hast bisher in fast jeder Inszenierung, deren Teil du warst, gesungen (unvergessen bleibt auch das furiose Ukulelenspiel in RUNNIN‘WILD). Was macht das Singen mit dir selber auf der Bühne? Und wie verändert sich deiner Meinung nach eine Szene, wenn darin gesungen wird?

 

Lilja: Ich finde, dass Musik noch mal ganz anders Emotionen transportiert, also für mich ist das beim Zuschauen auch so. André und Judith haben beide ein sehr gutes Händchen bei der Soundtrack-Auswahl für ihre Inszenierungen. Begleitende Musik kann sehr entscheidend sein für die Wirkung einer Szene finde ich. Wenn ich in Stücken singe muss ich manchmal aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr von der Emotion des Liedes treiben lasse. Also wenn ich mich bei traurigen Liedern zu sehr hineinsteigere muss ich wirklich weinen und dann singt es sich so schlecht. ;-)

 

Katalina: Welchen Song würdest gern mal irgendwo einbauen?

 

Lilja: Einige Lieblingssongs durfte ich über die Jahre schon singen, ein paar Wünsche werde ich mir dieses Jahr beim Tilla-Silvester-Special noch erfüllen. Ich finde es auch immer toll, wenn ich durch André Lieder entdecke, das war zum Beispiel bei HEXENJAGD so mit „The Wind That Shakes the Barley“

 

Katalina: Du arbeitest seit 2014 für die Ruhrfestspiele Recklinghausen und hast somit dein Hobby Theater zum Beruf gemacht. Was sind, ganz grob gesagt, deine Aufgaben als Referentin der Festspielleitung? Und was ist da der Unterschied im Vergleich zum Selber-auf-der-Bühne-Stehen?

 

Lilja: Wir sind ein recht kleines Team bei den Ruhrfestspielen, daher sind die Aufgaben für alle vielseitig. Ich unterstütze den Intendanten bei der Programmplanung und -koordination. Also eine Mischung aus Disponentin/Dramaturgin und Assistentin, da wird einem nie langweilig! Aber es sind alles Tätigkeiten hinter der Bühne, daher schätze ich es, dass ich dann ab und zu im narrenschiff auch auf der Bühne stehen kann. Für meinen Job hilft es mir auch, weil ich mich gut in den Probenprozess hineinversetzen kann und die Probleme von Regisseuren und Schauspielern verstehe.

 

Katalina: Am narrenschiff bist du nicht nur Schauspielerin, sondern auch Dramaturgin. Worauf achtest du besonders, wenn du ein Stück bearbeitest?

 

Lilja: Auf jeden Fall Länge, ich habe immer Sorge, dass es zu lang wird! ? Aber eigentlich bearbeite ich ja nie alleine sondern immer mit André zusammen, dadurch entsteht eine Bearbeitung im Dialog. Worauf ich achte kommt dann sehr auf den jeweiligen Text an und auf den Entwicklungsstand des Skriptes.

 

Katalina: Welches Stück würdest du in der Zukunft gern mal am tn sehen?

 

Lilja: Mein großer Traum war immer, Oscar Wilde im narrenschiff zu spielen, das ist dieses Jahr in Erfüllung gegangen. - Vielleicht mehr zeitgenössische Dramatik, ich mag zum Beispiel die Stücke von Dennis Kelly. Allerdings ist das immer mit den Rechten sehr schwer für so ein kleines Theater. Ansonsten bin ich ein großer Fan von Romanadaptionen und denke auch, dass wir den deutschen Dichtern mal eine Bühne geben sollten. MARIA STUART von Schiller ist zum Beispiel ein spannender Text.

 

Katalina: Hast du irgendwelche Geburtstagswünsche ans narrenschiff? Was sollen die nächsten 15 Jahre bringen?

 

Lilja: Oh Gott, 15 Jahre sind echt lang! Ich hoffe natürlich, dass ich einen Teil dieses Weges mitgehen kann. Ich wünsche mir, dass das tn weiterhin spannende kreative Impulse für die Unnaer Kulturszene gibt!

Interview, Sommer 2017